Rede und Erläuterung vom
Künstler Gert Jäger zum Kunstwerk
"hurst....über die Jahre"
Guten Abend meine Damen und Herren, liebe
Horster, liebe Freunde und Bekannte. Ich bin erstaunt und natürlich erfreut,
wie viele sich heute gegen den "Eurovision Songcontest und Co" entschieden
haben und hier zur Übergabe des Kunstwerks gekommen sind.
Willi Rütten hat ja schon erläutert, wie es zu diesem Kunstwerk gekommen
ist. Von meiner Seite möchte ich diesbezüglich dem Heimat- und Bürgerverein
Horst meinen Dank für die mutige Entscheidung aussprechen, dieses Objekt
hier zu errichten. Danke auch für die gute Zusammenarbeit auf dem Weg zu dem
hin, was Sie heute hier sehen. Mein Dank auch an die
Sparkassen-Kunst-Stiftung, die schon 2011 ein Gemeinschaftsprojekt mit
Porselen gefördert hat und ohne die auch hier, die Skulptur "hurst... über
die Jahre", nicht möglich gewesen wäre.
Und natürlich danke auch der Stadt, die den Platz zur Verfügung gestellt und
in unkomplizierter Weise ihre Zustimmung gegeben hat. Ehe ich versuche Ihnen
die Skulptur ,,hurst... über die Jahre" aus Künstlersicht zu
erläutern, erlauben Sie mir noch kurz ein paar allgemeine Sätze zur "Kunst
im öffentlichen Raum".
Kunst im öffentlichen Raum kann provokativ sein und sie kann von
verschiedener Gestalt sein. Wobei das Reiterstandbild und die Büste auf dem
Sockel der Vergangenheit angehören. Denn Kunst im öffentlichen Raum ist auch
immer eine zeitgeistige Darstellung mit dem Stellenwert der Wahrnehmung des
regionalen, kulturellen Gedächtnisses. Wie Sie dieses Kunstwerk sehen, wie
dieses Objekt auf Sie wirkt, was es einem sagt oder nicht sagt, dass
entscheiden Sie selbst. Denn das ist die ganz besondere Bedeutung von Kunst
im öffentlichen Raum, sie schafft Kommunikation, Inspiration und gedankliche
Freiräume.
So, nun wie versprochen eine Erläuterung zum Werk aus meiner Sicht.
Die Skulptur "hurst...über die Jahre" steht da, wo
sich jahrelang eine Litfaßsäule befand. Was diese Säule in früherer
Zeit leisten sollte, nämlich informieren und werben, dass soll nun
diese Skulptur in gewisser Weise auch tun. Sie thematisiert den Ort
Horst, aber auch Ortschaften im Allgemeinen, indem sie als
Denkansatz fungiert.
Über die Entstehung, die Entwicklung und
das Zusammenleben urbaner Räume nachzudenken geschieht nicht in versteckter Lage,
sondern mitten im Ort an einer Hauptstraße. Dabei ist das Ganze
schützend und harmonisch in die Natur der umgebenden Bäume
eingebunden. Die Skulptur "hurst...über die Jahre" greift am
Beispiel des Dorfes in dem sie steht, die Thematik des urbanen
Raumes auf. Der urbane Raum bietet Schutz zur Entwicklung. Es
verbindet kleine Dörfer und Millionenstädte alle gleichermaßen, dass
sie ein Katalysator der Entwicklung einer ganzen Region sind.
Dabei sind sie nicht autark, sondern stehen stets in einer
symbiotischen, teils auch ambivalenten Beziehung zu ihrer Umgebung.
Der Horst als Greifvogelnest ist allen bekannt. Im Nest können sich
komplexe Strukturen bilden. Gleichzeitig steht Nest aber auch für
flügge werden und für den stetigen Generationswechsel. Man kann dort
nicht auf ewig verweilen. Äußere Einflüsse, und eigene Entwicklung
führen zu einer kontinuierlichen Entwicklung und Veränderung. Der
Horst (mittelhochdeutsch=hurst) bezeichnet ein Gebüsch, ein
Gestrüpp, eine kleine Ansammlung von Gehölzen oder eine zumeist
bewachsene Stelle in Feuchtgebieten. Häufig wurden solche Stellen
zur Gründung einer Wohnstatt gewählt. Im 14. Jahrhundert gab es im
heutigen Horst auch die Entscheidung, eine Ansiedlung zu errichten.
Seitdem ist diese Stelle der existentielle Mittelpunkt vieler
Menschen gewesen und als "Dorf mit Zukunft" gibt es gute Aussichten
auf Weiterbestand. Von ihrer groben Form her greift die Skulptur
"hurst...über die Jahre" eine verschwindende lokale,
typische Erscheinung auf, indem sie im weitesten Sinne von der Form
her an eine Kopfweide erinnert, eine bis vor Jahrzehnte noch
durchaus häufig vorkommende Baumform dieser Region, die auch in
Horst wirtschaftlich genutzt wurde.
Ich hoffe Ihnen hiermit einen Zugang zur Skulptur und zum gesamten Objekt
geschaffen zu haben, auch wenn die Rede und das Reden überhaupt nicht mein
Metier ist. Ich habe heute Abend hier diesen Part übernommen, weil die
vorgesehenen Kunsthistoriker, die Ihnen sicherlich eine wissenschaftliche
fundierte Einführung gegeben hätten, anderweitige Termine haben.
Gert Jäger